Donnerstag, 11. September 2014

Die schönsten Behauptungen über Grundschullehrer

Wie viele andere Berufsgruppen auch, hat die Gesellschaft auch über Grundschullehrer ganz bestimmte Vorstellungen, die mitunter extrem übergeneralisiert oder schlechthin falsch, aber zumeist doch recht amüsant sind.
Wer meiner Berufsgruppe angehört, wird einige dieser Aussagen mit Sicherheit wieder erkennen und kann diese Liste gerne per Kommentar erweitern.
Die Aufstellung dieser Behauptungen sind kein Ranking, sondern zufällig gewählt und wurden mit etwas Schmunzeln abgetippt.

  • Grundschullehrer müssen singen, tanzen und malen können:
    Es kann durchaus von Vorteil sein, wenn ein GS-Lehrer diese Talente in petto hat, da sie einige Dinge durchaus erleichtern (wie z.B. das Vorsingen und passende Begleiten eines Liedes, das die Kinder gerade erlernen oder das Zeichnen von Modellen oder Sachverhalten, um ein Thema bildnerisch zu erläutern). Ich kenne aber unzählige Lehrer, die nichts davon können, aber dennoch gute Pädagogen sind.
  • Als (Grundschul-)Lehrer hat man fürs Leben doch ausgesorgt:
    In dieser Aussage stecken meist zwei Meta-Nachrichten:
  1. Wir verdienen Unmengen von Geld.
  2. Uns kann im Berufsleben eigentlich nichts passieren, da wir Beamte auf Lebenszeit sind.
 Zu 1) Ich bestreite nicht, gutes Geld für meine Arbeit zu erhalten.       
         Wahrscheinlich verdiene ich mehr als die durchschnittsdeutsche Frau. 
         Jedoch bin ich weit weg von "Unmengen" und ich werde 
         höchstwahrscheinlich niemals als Tante Dagoberta in einem Geldspeicher 
         schwimmen.
         Wenn ich Bekannten einmal die nackten Zahlen meines Verdienstes auf 
         den Tisch lege, sind diese meist erstaunt, da sie mit viel mehr gerechnet 
         hätten. 

 Zu 2) Entgegen der gängigen Meinung sind längst nicht alle Lehrer Beamte 
         oder werden verbeamtet. Die allermeisten Lehrkräfte erhalten zu Beginn 
         ihrer Lehrerlaufbahn erst einmal 'Vertretungsverträge' und sind damit 
         Angestellte im Öffentlichen Dienst. 
         Ob man dann tatsächlich verbeamtet wird, entscheidet mitunter 
         ein Amtsarzt und Aspekte wie Alter, Gewicht, chronische Erkrankungen...
         Dass man als Beamter unkündbar ist, ist übrigens auch nicht wahr. Es 
         gibt immer wieder Fälle, in denen der Beamtenstatus beendet und/ oder 
         Lehrern gekündigt wurde. 

  •  (Grundschul-)Lehrer haben mittags frei und 12 Wochen Urlaub im Jahr: Zunächst einmal kommt es äußerst selten vor, dass ich mittags zu Hause bin, geschweige denn frei habe. Denn nach dem Unterricht ist eigentlich immer noch etwas im Schulgebäude zu tun. Auch haben wir mehrmals pro Woche noch Gespräche mit Eltern, Kollegen etc. sowie in regelmäßigen Abständen Lehrerkonferenzen (mehrmals im Monat) am Nachmittag. Und selbst wenn wir zuhause sind, heißt es dort: Unterricht nach-und vorbereiten, Telefonate führen, Emails schreiben, Verwaltungs- und Organisationskram erledigen.
       Gleiches gilt für die Ferien: Ich bin mir über das Privileg des Vier-mal- 
       pro-Jahr-Urlaubhabens durchaus bewusst. Dennoch ist es keinesfalls so, 
       dass ich währenddessen bis mittags schlafe, danach nur in der Sonne liege 
       und relaxe. Häufig warten in den Ferien die gleichen Aufgaben auf mich 
       wie auch während der Schulzeit. Nur das Unterrichten fällt weg. Denn z.B. 
       haben Eltern auch während der Ferien Fragen und Anliegen. 
       
      Ach ja, und als "Strafe" für unseren ach so leichten Job und die vielen  
      Urlaubstage innerhalb des Jahres hat unser Beruf auch eine Schattenseite: 
      Nicht selten müssen wir doppelt oder dreimal so viel für einen Urlaub 
      zahlen als diejenigen, die außerhalb der Ferien verreisen. ;)

  • Grundschullehrer müssen nicht viel können, außer den Kindern schreiben, lesen und rechnen beibringen:
    Hierzu möchte ich ein nette Anekdote erzählen, die ich erst vor zwei Wochen erlebt habe. Eine Nachbarin, Mitte 20, kam zu mir und hatte "da mal ne Frage": "Also, im Moment bin ich ja noch Pflegehelferin, aber das macht mir nicht so Spaß. Weil ich Kinder mag, möchte ich gerne ne Umschulung als Grundschullehrerin machen. Braucht man da Mittlere Reife?"  Hmm... Wie antwortet man bloß auf so etwas? Zunächst fragte ich: "Was hast du denn für nen Schulabschluss?"   - "Hauptschule."
    Ich war froh, dass es just in diesem Augenblick zu gewittern begann und unser Gespräch ganz schnell beendet werden musste. Danke, Petrus!      Also, nur ganz kurz zur Info:
  1. Um Grundschullehrer zu werden, muss man an einer Uni studieren.
    Dies setzt - what a surprise - ein Abitur voraus.
  2. An den meisten Hochschulen benötigt man sogar ein recht gutes Abitur, um für dieses Studium direkt angenommen zu werden.
  3. Zu "meiner Studienzeit" musste man noch Deutsch, Mathe und ein weiteres Fach studieren. Dabei lernte man z.B. in Mathe nicht das Einmaleins, sondern "echte Hochschulmathematik" (da waren die nervigen Kurvendiskussionen der Sekundarstufe II nichts gegen). Gerade wegen dieser anspruchsvollen Mathematik (insbesondere an der Uni Köln!) gaben so manche Studenten dieses Studium auf und wechselten zur Sek. I oder II, weil es da leichter war. Ja, richtig gehört: Für so manches Gymnasialfach sind die Hürdern weitaus geringer als für die Grundschule!

    Auch heute noch ist das Grundschulpädagogik sehr anspruchsvoll und äußerst kognitiv geprägt (auch wenn immer mehr Praxiselemente integriert werden). Die behandelten Themen haben häufig nichts zu tun mit dem Stoff, den man später lernen soll. Dennoch lernt man wirklich viel und kann getrost bei "Wer wird Millionär?" mitmachen, ohne sofort rauszufliegen.                           
    Ach ja: Hat man das Studium geschafft, so folgt der auch noch der "Vorbereitungsdienst", besser bekannt als "Referendariat". Auch hier muss man - neben dem Unterrichten - noch sehr viel mehr können als ein bisschen Deutsch und ein bisschen Mathe.
  • (Grundschul-)Lehrer sind Klugscheißer: Diesem Fakt zu widersprechen würde keinen Sinn machen, denn: Dieses Vorurteil ist keines!
    Lehrer wissen immer über alles und jeden Bescheid :) (und selbst wenn nicht, können sie es so überzeugend überspielen, dass jederman denkt, sie wüssten es doch- sie selbst inbegriffen).
    Tatsächlich haben die meisten Lehrer eine wirklich fundierte Allgemeinbildung, allerdings können sie ihre Profession im Privatleben häufig nicht beiseite legen und das Belehren anderer Leute nicht unterlassen.
    Ein Beispiel hierzu: Mein Mann ist Steuerberater (ja, jeder so seine Macken) und betont jedesmal: Die schlimmsten Mandanten sind Lehrer!!!
    Denn sie kommen bereits mit unendlich vielen Zeitungsausschnitten, Büchern usw. in die Kanzlei und wollen den tatsächlichen Experten damit beweisen, was man angeblich alles absetzen könne ("Das stand in der letzten Lehrerzeitung!"). Dass sie dabei manchmal nur die Hälfte gelesen oder gehört bzw. Wichtiges nicht bemerkt haben, ignorieren Lehrer gern.  In so mancher Steuerberaterkanzlei - habe ich mir sagen lassen - wird ausgelost, wer den Lehrer als Mandanten betreuen MUSS. Und wer eine Niete hat, freut sich wie Bolle.
  •  Grundschullehrer haben doch einen laschen Job- die Kleinen sind doch noch so lieb:Diesen Spruch bekomme ich eigentlich IMMER zu hören, wenn ich offenbare, was ich beruflich mache. Ich bestätige dies, füge aber hinzu: Ja, das stimmt, die Kleinen sind genauso lieb wie die großen, wenn sie lieb sind. So mancher klinkt sich an dieser Stelle des Gespräches bereits aus, weil er nicht verstanden hat, was ich meine.
    Andere fragen, was ich damit meine und wieder andere relativieren bereits selbst: "Na gut. Es gibt solche und solche..."

    Dies ist korrekt: Ich liebe Kinder und ich liebe es, Kindern die Wege zur Schrift, zum Rechnen und zu vielen Wissengebieten zu (er-)öffnen. Allerdings muss man hinzufügen, dass jede Altersgruppe so seine Pro und Contras inne hat. Während Teenies häufig etwas "destruktiv" ("Keinen Bock!") agieren, auf cool machen und für uns seltsame Gesprächsthemen haben, so haben Grundschüler ebenfalls ihre "Mankos".
    Wer dies nicht glauben mag, den lade ich gerne für eine Woche oder nur einen Tag zur Hospitation ein (Ich sage nur: Lautstärkepegel, Einnässen, Magen-Darm-Viren, ADHS usw.).
    Denn: Genauso, wie nicht jeder Erwachsene und Heranwachsene lieb ist, so ist es eben auch nicht jedes Kind (und das ist auch gut so).

    Ach so, und noch zum Thema Pubertät: Es ist keinesfalls so, dass Grundschullehrer nicht in Kontakt mit dieser Phase menschlicher Heranreifung kommen. Denn Grundschüler kommen immer früher in die Vorpubertät und man mag kaum glauben, wie "cool" bereits Dirtt- oder Viertklässler sein und wie "uncool" sie den Lehrer finden wollen.
    Der einzige Unterschied zu den weiterführenden Schulen ist hier aber: Meistens gelingt es ihnen nicht gänzlich und im Inneren wollen sie immer noch ganz gerne die Lehrkraft knuddeln.
 
So, dies waren nur ein paar, aber mit die gängigsten Vorurteile über den Beruf des Grundschullehrers. Es gibt sicherlich noch viel mehr...
Aber das Schöne ist, dass man viele dieser Vorurteile durch Fakten ein bisschen gerade biegen kann.















Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen